Maria ist vor einem Jahr aus Portugal nach Luxemburg gekommen. Sie besucht ihre Freunde Joaõ und Débora, die im Norden Luxemburgs leben und nimmt den Zug, da dies die einfachste und schnellste Verbindung ist.
Maria: als ich in den Zug stieg, sah ich, dass alle Reisenden zwei Sitze belegt hatten, einen, auf dem sie sassen und den anderen für ihre Taschen oder den Mantel. Im ganzen Zug habe ich keinen leeren Sitzplatz gefunden und niemand hat mir einen Platz neben sich angeboten. Sie haben mich nicht einmal angeschaut, sie lasen ein Buch oder die Zeitung oder hörten Musik. Ich habe mich sehr unwohl und verunsichert gefühlt.
Ein Zugreisender: Endlich sitze ich im Zug; ich hoffe er fährt pünktlich ab. Nach dieser stressigen Versammlung kann ich jetzt nicht noch jemanden gebrauchen, der im Zug mit mir reden will. Wenn ich so tue, als wäre ich beschäftigt, wird wohl niemand neben mir sitzen wollen.
Was ist passiert?
Maria sucht nach Kontakt mit den anderen, damit sie sich eingeladen fühlt, sich auch zu setzen. Jeder im Zug kümmert sich um seine eigenen Dinge, in der Hoffnung, dass sich niemand dazu setzt und die Privatsphäre stört. In vielen Zügen oder Bussen sitzen die Menschen alleine und niemand spricht (ausser am Telefon oder wenn sich Menschen bereits kennen). Maria ist daran gewöhnt, dass die Gruppe ihr einen gewissen Schutz bieten. Da niemand sie anschaut, fehlt ihr dieser Schutz, sie fühlt sich alleine und verletzlich.
Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?
Wenn ihr niemand einen Platz anbietet, könnte Maria sich an die Mitreisenden wenden und fragen, ob der Platz frei ist und sie sich setzen kann. Auf diese Weise hat sie den ersten Kontakt aufgebaut und fühlt sich bereits sicherer. Die anderen werden gerne den Platz frei machen; es ist normal, diese Frage zu stellen. Seine Wünsche auszudrücken wird in Luxemburg geschätzt. Es kann auch sein, dass andere Passagiere erkennen, wie unsicher und unwohl sich Maria fühlt und dass sie sie bitten, Platz zu nehmen.
Erklärung
In individualistischen Kulturen wie Luxemburg (IDV +) ist die Privatsphäre sehr wichtig. Menschen tauschen sich eher erst dann aus, wenn es einen Grund dafür gibt. Daher bleiben sie oft unter sich und scheuen den Kontakt mit anderen, oft schauen sie eher auf den Boden als den anderen an, wenn er/sie vorbei geht.
In kollektivistischen Ländern wie Portugal (IDV -) definiert sich der Einzelne über die Beziehung zu den anderen. Daher suchen Menschen in kollektivistischen Kulturen den Austausch mit anderen. Wenn dieser fehlt, fühlen sich die kollektivistischen Menschen eher verloren, ja sogar ausgeschlossen. Die Zugehörigkeit zur Gruppe stellt nicht nur das soziale Netzwerk dar sondern gibt auch Sicherheit. In dieser Geschichte sucht die Frau wahrscheinlich nicht so sehr den Austausch sondern vorallem die Sicherheit in der Gruppe.