Hanan hat seit Längerem Kopfschmerzen und hat sich nun entschlossen, zum Arzt zu gehen.
Hanan: In der Praxis gab es weder einen Empfang noch eine Arzthelferin, also habe ich mich, genau wie die anderen Patienten, in den Wartesaal gesetzt. Als ich an der Reihe war, hat mich der Arzt selber herein gerufen und mir die Hand geschüttelt. Ich erzählte ihm von meinen Kopfschmerzen, er nahm meinen Puls und mass meine Temperatur. Dann fragte er mich, woher ich glaube, dass die Kopfschmerzen kommen. Wie sollte ich das denn wissen? Er ist doch der Arzt. Er verschrieb mir Aspirin und sagte, ich sollte sie die nächsten Tage nehmen und zurückkommen, falls die Kopfschmerzen nicht besser werden. Ich glaube, ich werde mir einen anderen Arzt suchen.
Der Arzt:
Sie kam in das Untersuchungszimmer und ich bat sie, sich zu setzen. Ihre Beschwerden waren nicht so stark, ich nahm Puls und Temperatur, beide Werte waren gut. Ich fragte sie, woher sie glaubte, dass die Schmerzen kämen. Sie schien sehr erstaunt und antwortete nicht, obwohl sie die Schmerzen sehr gut beschrieben hatte. Ich erwarte, dass sie zurückkommt, wenn die Schmerzen nicht besser werden.
Was ist passiert?
Hanan wurde krank und suchte nach Unterstützung und Hilfe für ihre Schmerzen. Sie fand weder eine Arzthelferin noch einen Empfang vor, die Arztpraxis war aber sehr effizient organisiert. Hanan fühlte sich in dem Umfeld nicht wohl und auch nicht wirklich unterstützt, denn wie kann ein Arzt ohne eine Arzthelferin oder Krankenschwester arbeiten? In Hanans Erfahrung und Denkwelt führt ein Arzt nur die Tätigkeiten aus, die er als Arzt gelernt hat, nicht die Tätigkeiten einer Arzthelferin, des Empfangs oder einer Krankenschwester. Für sie verliert der Arzt dadurch an Autorität. Hanan erwartet, dass der Arzt ihr sagt, was ihr fehlt, dass er aufgrund seiner Erfahrung und Ausbildung für sie eine Lösung findet, es ist nicht an ihr zu sagen, was sie hat, schliesslich ist sie keine Ärztin.
Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es?
Der Arzt hätte ihr genauer erklären können, dass es aufgrund ihrer Temperatur und Puls keinen Grund zur Besorgnis gibt und dass Erschöpfung und Stress oft der Grund für Kopfschmerzen sind. Er hätte ihr genauer erklären können, was sie tun kann, z.B. jeden Nachmittag zwei Stunden schlafen oder ruhen und dass sie, wenn es trotz Ruhe und Aspirin nicht besser wird, wieder kommen solle. Er hätte auch detaillierter fragen können, wie ihr Lebensstil ist, welche Beschwerden sie bereits hatte etc. Hanan hätte auch auf einer stärkeren Medizin oder einer detailliertern Untersuchung bestehen können. In Luxemburg ist es normal, dass Patienten ihre Wünsche und Meinung ausdrücken. Dann hätte der Arzt ihr etwas anderes verschrieben und ihr gesagt, sie solle zurückkommen, wenn die Schmerzen, trotz regelmässiger Medikamente, nicht besser werden.
Erklärung
Für Hanan ist ein Arzt ein Experte, eine Autoritätsperson und muss dementsprechend respektiert werden (PDI +). In Luxemburg, ist Arzt ein Beruf wie viele andere Berufe, um Menschen mit gesundheitlichen Problemen zu helfen (PDI -). Ärzte arbeiten oft alleine und machen ihre Verwaltung selber. Einen Empfang oder Arzthelferinnen stellen normalerweise nur Gemeinschaftspraxen ein. Weiterhin bezieht ein Arzt in Luxemburg die Patienten in die Diagnose mit ein. Der Arzt ist nicht der allwissende Experte sondern unterstützt bei der Problemfindung und schlägt dann die richtige Lösung vor. Erst wenn der Allgemeinarzt alles untersucht hat oder das Problem nicht identifizieren kann, werden Patienten in Luxemburg zu Spezialuntersuchungen wie IRM oder Scanner geschickt.